Medien im Museum der DGH
Schatz auf dem Wiesenstein gefunden
Am 5. August, kurz vor den Tagen der Offenen Tür in seinem Haus, meldete Janusz Skowroński, der Direktor des Gerhart-Hauptmann-Museums in Jelenia Góra-Jagniątków, einen aufsehenerregenden Fund auf dem Wiesenstein. Die Bibliothekarin des Museums, Frau Katarzyna Trembecka, ordnete - wie seit einigen Monaten - noch unkatalogisierte Objekte. In einer vergessenen Kiste fand sie unerwartet, neben anderen Büchern, auch den ersten Band der "Gesammelten Werke", gedruckt 1906 bei Samuel Fischer in Berlin. Das Titelblatt offenbarte eine wahre Sensation: Eine gut erhaltene und auf den 16. August 1907 datierte Widmung Hauptmanns galt seinem langjährigen, engen Freund Ferdinand „Seo“ Simon!
Wer war Ferdinand Simon? Die Geschichte reicht in die Jugendjahre des Dichters in Jena zurück, als sich um seinen älteren Bruder Carl und ihn eine Gruppe von Studenten sammelte. Die jungen Leute pflegten nicht ihre Vor- oder Nachnamen zu verwenden, sondern führten eine Art von Kürzelkodex ein: Beispielsweise war der spätere Chemiker und Industrielle Carl Duisberg (1861-1935) „Deo“ oder der Pianist Max Müller (1856-1938) wurde „Meo“ genannt. So ist auch der künftige Arzt und Bakteriologe Ferdinand Simon (1862-1912) lebenslang für seine Jenaer Freunde der "Seo" geblieben. Kein Wunder also, dass Hauptmann in der Widmung eben diese Form gebraucht hat. Ferdinand Simon war es auch, der Hauptmann mit seiner Begeisterung für den norwegischen Dramatiker Henrik Ibsen (1828-1906) und sein Theaterstück „Nora“ ansteckte. Gerhart Hauptmann setzte seinem Freund in seinem sozialkritischen Werk „Vor Sonnenaufgang“ mit der Person des Dr. Schimmelpfennig ein bleibendes Denkmal. Dr. Simon zog sich übrigens bei Experimenten an einer mit Streptokokken infizierten Maus eine tödliche Blutvergiftung zu. Erschüttert über seinen frühen Tod schrieb Hauptmann einen Zwölfzeiler, der mit den Worten endet: „Ein treues Herz, eine treue Hand / ein Leben tätig und unbekannt.“
Der Fund ist bereits in einer Vitrine des Museums zu sehen. Sicherlich wird dieses Exemplar der "Gesammelten Werke" künftig zu den interessantesten Objekten auf dem Wiesenstein zählen.